International Blog – Florian Heer
Das Challenger Hamburg ist nach den Koblenz Open das zweite ATP-Challenger-Tour-Turnier der Saison in Deutschland. Auch wenn der neue Termin im März noch ungewohnt ist – bisher wurde ein Combined-Event mit den Damen im November ausgetragen – und ein Wassereinbruch in der Vorbereitung zwei Plätze in der Halle des Hamburger Tennis-Verbandes unbespielbar machte, wurden Kräfte erfolgreich mobilisiert, um die Veranstaltung durchführen zu können.
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Gerade für die Akteure des Deutschen Tennisbundes bietet ein Challenger-Turnier auf heimischen Boden immer eine ideale Gelegenheit wertvolle Punkte für die Weltrangliste zu ergattern. Insgesamt sechs Lokalmatadore sind in dieser Woche im Hauptfeld angetreten. Mit Rudolf Molleker und Henri Squire schafften zwei von ihnen den Sprung unter die letzten acht.
DTB-Chefbundestrainer Michael Kohlmann war ebenfalls zu Gast in Hamburg, um seine Schützlinge näher beobachten zu können. Wir haben uns mit dem Davis-Cup-Kapitän zum Interview verabredet.
Welchen Stellenwert hat das Challenger Hamburg für den DTB und die Spieler?
Michael Kohlmann: Es ist super, dass das Challenger, auch Dank Björns (Turnierdirektor Björn Kroll) Bemühungen, unter den schwierigen Umständen im Vorfeld überhaupt stattfinden konnte. Es ist für uns extrem wichtig unseren Spielern die Möglichkeiten bieten sich in Deutschland auf internationalem Niveau beweisen zu können. Es gestaltet sich generell als schwierig Organisatoren, insbesondere für Hallenturniere zu gewinnen. Wir haben hier viele deutsche Spieler im Feld, die auch eine gute Leistung abrufen. Es ist wichtig zu sehen, dass sie den nächsten Schritt machen. Mit Henri Squire, Marko Topo und Max Rehberg haben wir Spieler, die sich nun versuchen auf dieser Ebene zu etablieren. Der nächste Schritt ist dann in die Qualifikation der Grand-Slam-Turniere zu kommen, um schließlich den Sprung in die Top 100 zu schaffen. Das Potential zügig nach oben zu kommen ist auf jeden Fall vorhanden und ich hoffe, dass sie auch in dieser Woche noch weit kommen werden.
Was fehlt diesen jungen Spielern noch?
Es geht um die Konstanz. Jeder konnte im vergangenen Jahr einige gute Resultate erzielen, dann gab es aber auch immer wieder kleine Ausreißer. Ich erinnere mich an Marko Topo, der bis zu den BMW Open in April kein Match gewonnen hatte, sich dann für das Hauptfeld qualifizierte und es folgte eine richtig gute Phase. Rudolf Molleker hat im letzten Jahr Konstanz gezeigt. Er hat viel gespielt und mit den gewonnenen Matches nicht nur an Selbstvertrauen gewonnen, sondern hat auch ein Selbstverständnis erhalten, dass er dort angekommen ist. Es ist ein Prozess, der andauert und seine Zeit benötigt.
Was geben Sie den jungen Spielern mit und wie verläuft die Kommunikation unter der Saison?
Ich bin häufig mit den Trainern im Austausch. Ich schaue auch viele Matches der Jungs über den Live-Stream. Das funktioniert heutzutage sehr gut. Wenn mir Dinge auffallen, versuche ich das mitzugeben, aber insgesamt befinden sich alle in einem guten und professionellen Umfeld. Beispielsweise hat Marko Topo gerade sein Trainerteam gewechselt und ist jetzt nach Stuttgart zu Andi Beck und Timon Reichelt gegangen. Der Austausch ist aber bereits vorhanden. Jetzt gilt es die Konstanz zu finden, um dementsprechend gute Resultate zu erzielen. Wir versuchen auch mit der Vergabe von Wildcards bei den Turnieren unseren Beitrag dazu zu leisten.
Das Challenger Hamburg findet in diesem Jahr bereits im März statt, was auch zu einer gleichmäßigeren Verteilung der deutschen Turniere im Saisonkalender geführt hat. Ist dies auch eine Zielsetzung für die kommenden Jahre?
Absolut. Allerdings ist es gerade nicht so leicht Veranstalter zu finden. Es ist allerdings durchaus unser Bestreben den Kalender vernünftig mit Turnieren zu füllen. Dieser Winter ist bereits besser gelaufen als in der Vergangenheit. Wir hatten mit Nußloch, Cadolzburg, Oberhaching, Koblenz und jetzt Hamburg bereits fünf Veranstaltungen in dieser Jahreszeit. Gerne würden wir noch ein oder zwei Veranstaltungen, entweder auf Futures oder Challenger-Level, hinzugewinnen. Wir möchten die Rahmenbedingungen für die Spieler, auch zu Hause antreten zu können, natürlich verbessern.
Mit Michael Agwi sorgt ein Berliner aus der Regionalliga Nord-Ost in dieser Woche für einige Furore. Schaut man als DTB-Bundestrainer auch mit einem weinenden Auge darauf, dass er bereits für Irland im Davis-Cup angetreten ist?
Vielleicht schon etwas, aber insgesamt freue ich mich für ihn. Er ist ein wirklich toller Spieler. Michael ist mir das erste Mal im vergangenen Jahr in der Qualifikation bei einem Futures-Event in Kassel aufgefallen. In dieser Saison gelang ihm ein sehr guter Start, hat gegen Dominic Thiem im Davis-Cup nur ganz knapp verloren, und gegen Max Rehberg den Titel in Oberhaching gewonnen. Außerdem stand er im Finale von Cadolzburg. Er ist ein unglaublich athletischer Spieler mit viel Power und gefällt mir sehr gut. Es ist natürlich schade, dass er sich jetzt schon (für Irland) festgespielt hat. Nichtsdestotrotz freut es einen, wenn man in Deutschland zu einem guten Spieler reifen kann. Schließlich gibt es auch ab und an Diskussionen über unseren Tennisstandort, inwieweit dieser überhaupt Möglichkeiten bietet den Sport professionell ausüben zu können. Seine Entwicklung gibt auch anderen Jungs wieder Mut diesen Weg zu gehen.
Deutschland wird im September in der Gruppenphase der Davis-Cup-Finals teilnehmen. Welche Erkenntnisse gibt es bereits?
Wir haben gerade erfahren, dass der vierte Austragungsort Zhuhai sein wird. Das ist für mich gerade schwer nachvollziehbar, da es im Anschluss an die US-Open nicht gerade der kürzeste Weg nach Asien ist. Zudem haben die Ausrichternationen auch immer selbst teilgenommen. Allerdings ist China gar nicht qualifiziert. Vier Mannschaften werden also dorthin reisen müssen, obwohl der Gastgeber nicht mit von der Partie sein wird. Wir würden selbstverständlich die Reise antreten, was aber alles andere als optimal wäre. Alexander Zverev hat bereits für den Laver-Cup zugesagt und müsste nach New York und China wieder nach Berlin fliegen. Gerade für die Spieler, die länger bei den US-Open mitspielen werden ist diese Belastung nicht zu unterschätzen. Da stelle ich mir noch einige Fragen, aber wenn die ITF so entscheidet, ist das zu akzeptieren.