Klaus Hofsäss: “Schlimmer kann man einen Spitzensportler nicht unter Druck setzen!”

Klaus Hofsäss (photo: Marc Raffel)

International Blog – Marc Raffel 

Die älteren von uns haben ihn noch vor Augen. Klaus Höfsäss, Coach und Macher der 22-maligen Grand Slam Siegerin Steffi Graf und erfolgreicher Ex-Bundestrainer lebt seit geraumer Zeit in Marbella/Spanien und betreibt dort seine Tennis Academy.

Ich hatte Gelegenheit ihn dort zu treffen um über Entwicklungen im Spitzentennis, seine Academy und natürlich auch über Steffi Graf zu sprechen. Marbella ist ein verdammt größer Ort und wir fahren mit dem Auto gut 20 min. vom Strand hoch auf den Monte Elvira. Unmittelbar an der sehr bekannten Deutschen Schule liegt am Berg die Academy von Klaus Hofsaess, traumhaft gelegen mit einer einzigartigen Aussicht in die Berge und auf das Meer.

MR: Natürlich frage ich Dich zuerst einmal nach Steffi Graf. Hast Du noch Kontakt zu ihr?

KH: Ja klar, ich sogar sehr guten und regelmäßigen Kontakt. Ich habe Sie auch bereits zweimal in ihrem Heimatort Las Vegas in den USA besucht. Steffi geht es gut! Dort lernte ich dann auch Andre Agassi näher kennen.

MR: Steffi scheint in den USA echt angekommen zu sein?

KH: In der Tat! Ihr enormer Respekt vor anderen Menschen, Ihre Demut und ihre Bescheidenheit zeichnen Steffi aus und helfen Ihr in vielen Dingen. Und: Wenn man einen Andre Agassi kennen und Lieben lernt, dann zieht man eben auch in die USA (lacht).

MR: Wenn Du in den Rückspiegel schaust. Was waren Steffis größten sportliche Erfolge?

KH: Ich denke, der Golden Slam 1988, als Steffi alle vier Grand Slam Turniere sowie die Goldmedaille in Seoul bei den Olympischen Spielen erkämpfte. Dabei fällt mir eine typische Anekdote ein: Als wir in Seoul auf dem Flughafen landeten, skandierten so viele Fans, so dass die Polizei eingreifen musste. Es war ein enormer Steffi Graf Hype auch in ganz Asien! Im Olympischen Dorf angekommen, empfing dann der damalige NOK Chef Walter Tröger Steffi mit dem Satz: „Ahh, da ist ja unsere sicherste Goldmedaille. Das werde ich nie vergessen. Schlimmer kann man einen Spitzensportler nicht unter Druck setzen. Der Spieler muss auf dem Platz bleiben -langfristiger Erfolg zählt

MR: Wir leben nun in einer anderen Zeit. Wie siehst Du die Entwicklungen im Deutschen Damentennis?

KH: (Atmet tief durch). Die, die ich kenne, auch Spielerinnen aus dem Porsche Talentteam haben durchaus Potenzial, allerdings musst Du immer vor allem auf Deine Disziplin, Durchhaltevermögen, usw. achten. Du musst Deine Leistungen nachhaltig abrufen können. Wenn Du einen Erfolg hast, musst Du danach noch härter arbeiten als vorher, noch disziplinierter. Der Spieler muss auf dem Platz bleiben, voll und ganz, er darf nicht abgelenkt sein. Sollten diese Skills vorhanden sein, so ist die eine oder andere Karriere durchaus wieder denkbar.

MR: Was hat sich denn im Spitzentennis in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert?

KH: Na ja, heute spielen viele Topspieler doch sehr ähnlich. Alle dreschen wie wild auf die Bälle ein, meist nur von der Grundlinie. Die immer einheitlicheren Beläge tun ihr übriges dazu. Selbst auf Rasen, der immer länger geschnitten wird, kann man heutzutage auf der Grundlinie erfolgreich sein. Das Spiel wurde vielerorts langsamer gemacht, so dass das Netzspiel seinen Reiz verlor. Früher wurde etwas variabler gespielt, offensive Typen am Netz wurden öfter belohnt und waren sehr erfolgreich. Denke an McEnroe, Cash, Edberg, Becker oder Sampras und Navratilova. Vielleicht sollte das Training heutzutage doch wieder etwas vielseitiger gestaltet werden. Wir müssen den Jugendlichen in einem gewissen Stadium wieder mehr mitgeben, Varianten, alternative Lösungen anbieten und eine vielseitige technische Ausbildung ermöglichen. Der langfristige Erfolg zählt! Steffi Graf, Arantxa Sanchez, Victoria Azarenka, Thomas Muster Muster und Boris Becker

MR: Seit wann lebst Du hier in Marbella?

KH: Ich bin hier seit 1984 und wurde zwei Jahre später sportlicher Leiter dieser Tennis Academy. 1989 habe ich die Anlage dann komplett übernommen. Schritt für Schritt entwickelte ich hier die Angebote wie mit der Schule, Swimmingpool, Gastronomie, Aschentennisplätze und Hartplätze. So trainierten hier Topstars wie Thomas Muster, Arantxa Sanchez, Victoria Azarenka oder auch Boris Becker und natürlich Steffi.

MR: Was treibt Dich heutzutage noch zur Arbeit?

KH: Ich bin jetzt 75 Jahre alt und ich lieben den Sport und den Tennissport noch immer unheimlich intensiv. Es macht mir einfach Spaß mit Sportlern zu arbeiten, mit jung oder alt. Ich stehe nach wie vor auch gerne auf dem Platz, immer öfter jedoch nur noch vormittags, dann ist es hier nicht so heiß. Dankbare Kunden sind eine tolle Belohnung für den Fleiß und für die Arbeit.

MR: Warst Du eigentlich selber auch ein passabler Tennisspieler?

KH: Ich denke schon (lacht). Ich habe Bundesliga bei Waldau Stuttgart gespielt und in Europa viele Internationale Turniere.

MR: Deine Academy hier in Marbella ist ja traumhaft schön! Hast Du noch weitere Pläne hier vor Ort?

KH: Unser Tennisangebot ist sehr komplett. Wir möchten aber noch Unterkünfte direkt hier bauen und unseren Kunden und Schülern anbieten. Der Platz dazu ist vorhanden, so wollen wir ihn auch dazu nutzen. Es kommen viele Familien zu uns, viele Stammgäste und immer wieder Trainingsgruppen und Einzelsportler. Ich bin nach wie vor tennisinfiziert und brenne für meine Arbeit.

Steckbrief Klaus Hofsäss:

Geboren wo? Dornstetten im Schwarzwald
Geboren wann? 17. Dezember 1948
Größte Erfolge als Coach? Golden Slam mit Steffi Graf, Olympische Goldmedaille in Seoul & Los Angeles. Sportartenübergreifend Trainer des Jahres in Deutschland 1987. Zweimal Federation Cup Sieger mit Deutschland.
Lebensmotto? „Zufrieden sein mit dem was Du hast und tust. Seit 52 Jahren bin ich glücklich verheiratet, zwei Kinder. Zu meiner Frau war ich stets sehr hart aber dafür ungerecht (lacht)“.