International Blog – Florian Heer
Andreas Mies und Kevin Krawietz gehören zu Deutschlands besten Doppelspielern. Nach einiger Zeit auf der ATP-Challenger-Tour und sieben gemeinsamen Titeln im Unterbau haben sie nun den Sprung auf die ATP-Ebene vollzogen.
Bei den New York Open im Februar dieses Jahres konnten sie ihren ersten Triumph feiern. Kevin Krawietz aus Coburg ist zurzeit auf Position 54 der ATP-Doppelweltrangliste geführt, der Kölner Andreas Mies noch zwei Ränge höher. Im ATP-Race-to-London rangieren sie gemeinsam auf dem 30. Platz.
Am Rande der BMW Open by FWU traf ich die beiden sympathischen Tennisprofis zum Doppel-Interview. Es ging um die Besonderheiten des Partnerspiels, das Zwischenmenschliche und welche Rolle der Davis-Cup spielt.
Florian Heer: Willkommen auf der ATP-Tour! Seid ihr schon angekommen?
Andreas Mies: Absolut! Wir haben eine Zeit auf Challenger-Ebene verbracht, da wir noch nicht in die größeren Turniere reinkamen. Wir haben aber früh gemerkt, dass wenn wir unser bestes Level abrufen können, wir auch das Zeug für die ATP-Tour haben. Wir mussten etwas Geduld aufbringen bis wir mit dem Erreichen der 3. Runde in Wimbledon die nötigen Punkte gesammelt hatten. Mit dem Sieg in New York sind wir wohl endgültig angekommen.
Wie war die Erfahrung bei diesem Turnier den ersten Sieg auf der ATP-Tour feiern zu können?
Kevin Krawietz: Es war unglaublich. Es war erst unser drittes Turnier auf dieser Ebene. Wir hatten eine harte Auslosung, konnten uns aber über die gesamte Woche hinweg beweisen.
Woran genau lassen sich die Unterschiede zwischen ATP-Tour und Challenger-Ebene festmachen?
Mies: Als erstes würde mir da die Hospitality einfallen. Die Hotels auf der ATP-Tour sind noch mal eine Ecke besser. Die gesamte Organisation ist professioneller.
Krawietz: Vom spielerischen her merkt man, dass man auf ATP-Ebene weniger Chancen bekommt. Gegen gute Teams hat man pro Satz vielleicht nur ein oder zwei Möglichkeiten zum Break. Da muss man dann da sein und den Gegnern das Aufschlagsspiel abnehmen. Im Allgemeinen sind die Matches sehr oft enger. Die Leistungsdichte ist ausgeprägter.
Ihr seid auf der Tour ein festes Team. Wie sehr ist das ein Vorteil gegenüber anderen Paarungen, die mehr oder weniger oft nur zufällig zusammen bei einem Turnier antreten?
Krawietz: Natürlich ist das ein Vorteil, wenn man öfter zusammenspielt. Man weiß genau, wie sich der Partner auf dem Platz verhält. Die Abstimmung passt einfach besser. Man weiß, wer welchen Schlag präferiert. Das führt zu einem besseren Spielrhythmus. Selbst gegen zwei gute oder bessere Einzelspieler haben wir damit gute Chancen.
Mies: Die Chemie, die wir uns über die Zeit aufbauen ist beim Doppel vielleicht das Wichtigste überhaupt. Es kommt im besten Fall zu einem blinden Verständnis. Zudem merkt man, dass sich viele Einzelspieler am Netz nicht sehr wohlfühlen. Das versuchen wir natürlich auszunützen und sie genau dort häufig anzuspielen. Grundlinienduelle versuchen wir gegenüber einer solchen Paarung zu vermeiden, um ihre Stärken gleich herauszunehmen und sie in ein eigentliches Doppelspiel zu verwickeln.
Bei der vielen Zeit, die ihr gemeinsam auf der Tour verbringt, geht man sich bestimmt auch mal gegenseitig auf die Nerven. Kevin, was sind Andreas‘ größte Macken?
Krawietz: Das sind so viele, wo soll ich da anfangen? (lacht) Man kennt sich mit der Zeit natürlich in- und auswendig. Man weiß, was der andere abends zur Vorspeise oder Hauptspeise gerne isst. Andreas braucht gerne auch mal etwas länger in der Umkleide. Die Frisur muss sitzen (lacht). So richtig auf die Nerven sind wir uns noch nicht gegangen, es tut aber auch mal ganz gut eine Woche getrennt zu trainieren.
Andreas, du bekommst natürlich die Gelegenheit zur Revanche. Hat Kevin einen bestimmten Spleen?
Eigentlich ist er ein entspannter Typ. Manchmal aber auch etwas zu entspannt, wenn er beispielsweise zum Training ohne neue Bälle erscheint oder seine Wasserflasche vergessen hat.
Kevin, hast du eigentlich noch Ambitionen im Einzel?
Krawietz: Die Ambitionen sind noch da. Allerdings habe ich in dieser Saison nur sieben Einzelmatches bestritten. Leider auch nicht sonderlich erfolgreich. Nächste Woche werde ich beim einem Challenger auch im Einzel antreten. Für die Qualifikation in Paris könnte es vielleicht mit etwas Glück auch noch reichen. Ich stehe zurzeit auf Position 240 der ATP-Weltrangliste, da ist es schwierig dies mit dem Doppel zu kombinieren. Im Doppel sind wir inzwischen bei Turnieren am Start, wo ich es mit meiner Einzelplatzierung nicht ins Feld schaffe.
Im Zweifel hat das Doppel aber Priorität?
Krawietz: Ja, das schon. Auf jeden Fall!
Mies: Das freut mich zu hören (lacht).
Sat down with Kevin Krawietz & @AndreasMies and it was fun to talk about the doubles game, life on the tour as well as the Davis Cup. #BMWOpenbyFWU pic.twitter.com/xk1i3TBcvi
— Florian Heer (@Florian_Heer) 1. Mai 2019
Strebt ihr an auch langfristig zusammen zu bleiben?
Mies: Absolut! Wir spielen seit letztem Jahr im März durchweg zusammen und es lief sehr gut. Auch der Start in diese Saison war erfolgreich. Da gibt es keinen Anlass etwas zu ändern. Am Ende des Jahres werden wir uns dann zusammensetzen und schauen, wie es weiter geht.
Andreas, wie inzwischen einige andere deutsche Spieler auf der Tour hast du früher College-Tennis gespielt. Welche positiven Erfahrungen konntest du aus den Staaten mit auf die Tour bringen?
Mies: Es hat vor allem mental viel gebracht. Das Pushen auf dem Platz und die Energie einzubringen sind die Dinge, die man beim College-Tennis lernt. Es geht auch viel über positive Körpersprache. Wenn man diese nicht auf dem Platz zeigt, wird man sofort vom Teamchef angemotzt. Kevin würde sich mit seiner oft relaxten Art auf dem Court viel Ärger einhandeln (lacht), weil damit der Eindruck vermittelt werden kann, dass man sich nicht anstrengt. Auch für das Doppelspiel hat es mir richtig viel gebracht. Welche Positionen auf dem Platz abgedeckt werden müssen und wie Spielzüge durchdacht werden habe ich dort gelernt. Insgesamt konnte ich vieles mitnehmen. Das hat mir geholfen, um mich schneller über Futures und Challengers weiter nach oben zu spielen.
Wie sehen eure Zielsetzungen jetzt genau aus?
Krawietz: Natürlich möchten wir gerne alle Grand-Slam-Turniere spielen. Kurzfristig ist es aber auch unser Ziel in die ATP-500-Turniere und Masters 1000-Events reinzukommen. Da sind die Felder kleiner als bei den Majors und man benötigt ein Ranking innerhalb der Top-30.
Schaut ihr euch den Draw im Vorfeld etwas genauer an, um zu sehen, wer da noch kommen könnte?
Mies: Wir überfliegen lediglich die Auslosung (lacht). Die Felder sind aber sehr eng. Auch wenn es sich langweilig anhören mag, muss man von Match zu Match denken.
Krawietz: Die Bedingungen hier in München sind zudem auch sehr tricky. Es gibt heiße Tage mit hohen Ballabsprüngen. Dann kann es aber auch wieder regnen und die Plätze werden wieder langsamer.
Mies: Wir sind aber auch so selbstbewusst zu sagen, dass wir jedes Turnier gewinnen können. Wenn wir gut spielen, können wir jeden schlagen. Natürlich können wir auch in der ersten Runde verlieren, die Traumwoche in New York hat uns aber gezeigt, was möglich ist. Mal sehen, wie es am Ende der Woche aussieht.
Letzte Frage. Als eingespieltes, erfolgreiches Team mit zwei Spielern der gleichen Nation ist auch der Davis-Cup ein Thema. Hat Michael Kohlmann schon angerufen?
Krawietz: Wenn Herr Kohlmann uns fragen würde, würden wir bestimmt nicht nein sagen (lacht). Natürlich ist es für uns beide das Ziel einmal für Deutschland antreten zu können. Das wäre ohne Frage ein Traum.
Mies: Das sehe ich genauso. Michael hat uns auf dem Schirm, aber wir wissen, dass es nach Leistung geht. Tim Pütz und Jan-Lennard Struff sind im Moment gesetzt. Sie haben es auch bisher richtig gut gemacht. Wenn wir allerdings unsere Leistung dauerhaft abrufen können und wir gebraucht werden sollten, dann sind wir bereit.
Vielen Dank für das Gespräch.