International Blog – Florian Heer
Adam Walton ist einer der aufstrebenden Spieler auf der ATP-Challenger-Tour in dieser Saison, zugleich aber auch ein seltener Gast in unserer Region der Tenniswelt. In dieser Woche nimmt der 24-jährige Australier, den man sich aufgrund seines sympathisch-legeren Auftritts auch jederzeit in einer Strandkulisse an der Gold Coast vorstellen kann, zum ersten Mal an einem Profiturnier in Europa teil. An Nummer zwei gesetzt ist er beim Hamburg Ladies & Gents Cup am Start.
Walton hat bereits fünf Titel auf der ITF-World-Tennis-Tour gewonnen, zwei davon in dieser Saison, und konnte außerdem seinen ersten Erfolg auf Challenger-Ebene im US-Amerikanischen Cary im August verzeichnen. Zudem gewann er das Doppelturnier bei den San Luis Open in Mexiko an der Seite von Colin Sinclair. Der in Brisbane geborene Walton spielte College-Tennis an der University of Tennessee, wo er 2021 den NCAA-Doppel-Titel mit Pat Harper gewann.
Seinen ersten Auftritt auf der Anlage des Hamburger Tennis-Verbandes hatte Walton am Montag. Mit einem klaren 6:2, 6:4 Sieg über den Türken Ergi Kirkin zog er in die zweite Runde des ATP-Challenger-Tour-Events ein. Im Anschluss haben wir uns mit der Nummer 177 der Weltrangliste zum Interview getroffen.
Herzlichen Glückwunsch, guter Start ins Turnier. Was war der Schlüssel zum Erfolg heute?
Adam Walton: Ich habe bisher hauptsächlich im Freien gespielt. Dies ist mein erstes Hallenturnier. Ich wusste, dass ich aggressiver spielen musste. Ich denke, ich habe das ganz gut gemacht. Die Bedingungen hier sind etwas langsamer. Ich bekomme mehr Zeit mich für den Schlag zu positionieren. Das ermöglicht es mir, die Ballwechsel mit meiner Vorhand zu bestimmen.
Liegen dir die Bedingungen hier?
Das ist tatsächlich mein erstes Event in Europa überhaupt. Ich war ein paar Mal in Europa und habe im Ligabetrieb in Deutschland gespielt, aber dies ist mein erstes Turnier in Europa. Mir gefällt es hier bislang sehr gut.
Für welchen Verein hast du gespielt?
Ich habe für Solingen gespielt.
Wie kommt es, dass du diese Woche in Hamburg antrittst?
Ich habe College-Tennis an der University of Tennessee gespielt. Ich mag Hartplätze, und in Europa gibt es normalerweise viele Sandplatzturniere. Ich fühle mich sehr wohl, in den USA zu spielen. Mein College-Standort ist großartig und ich habe bislang meine Planung sehr stark auf Turniere in den Vereinigten Staaten ausgerichtet.
Aber es finden in diesen Wochen auch andere Turniere in Amerika statt?
Ja, aber diese Woche tatsächlich nicht. Deshalb bin ich nach Europa gekommen. Ich werde hier für ein oder zwei Wochen bleiben. Dann gehe ich zurück in die Staaten für drei weitere Turniere, bevor die Saison in Champaign, Illinois, für mich endet. Anschließend geht’s zur Vorbereitung auf die neue Saison nach Australien.
Kommst du mit den ganzen Reisestrapazen gut zurecht und fällt es dir leicht, dich an neue Bedingungen anzupassen?
Das ist mein erstes Jahr auf der Tour, da ich letztes Jahr meinen Master gemacht habe und ohne Ranking aus dem College kam. Also musste ich bei $15.000er-Turnieren anfangen und mich langsam nach oben arbeiten. Ich habe im April dieses Jahres angefangen einige Challenger-Turniere zu spielen. Ich lerne immer noch, mich an neue Orte, Bedingungen und Bälle anzupassen. Alles ist neu für mich, aber bisher gefällt mir das alles sehr gut.
Inwiefern hat dir das College-Tennis in den USA bei der Vorbereitung auf die Profi-Tour geholfen?
Enorm. Ich kam als 18-Jähriger ins College. Ich war wahrscheinlich ein wenig zu dünn und unreif, um professionelles Tennis zu spielen. College-Tennis war definitiv der richtige Weg für mich. Ich spielte im ersten Jahr an Position vier für mein Team und konnte mich stetig verbessern. Ich wurde auch körperlich stärker. In meinen letzten Jahren im College fühlte ich mich wie einer der besseren Spieler und konnte auf College-Niveau mit jedem mithalten. Das hat mich schließlich dazu gebracht, mich für die Profi-Tour zu entscheiden.
Hast du inzwischen festgestellt, dass du mit den Spielern auf der Tour mithalten kannst?
Nach meinem vierten Jahr im College hatte ich noch ein weiteres Jahr aufgrund von Covid. Dazwischen habe ich meinen Schläger während des Sommers für drei Monate nicht angerührt. Ich habe einige Kids trainiert. Ich war oft am See und hatte viel Spaß. Ich hatte keine Freude an meinem Tennis. Dann bin ich für mein letztes Jahr College-Tennis zurückgekommen und habe wirklich gutes Tennis gespielt. Die Tatsache, dass ich nicht zu viel darüber nachdenken musste, half mir. Im Anschluss sagte mir mein Trainer, dass ich es auf der Profi-Tour versuchen sollte, und ich konnte gleich das zweite Turnier, das ich gespielt habe, gewinnen. Ich dachte, okay, da ist was drin. Seitdem bin ich sukzessive in den Rankings aufgestiegen.
Wie sieht deine aktuelle Trainingssituation aus?
In meinen freien Wochen, wenn es nicht genug Zeit gibt, nach Australien zurückzukehren, was der übliche Fall ist, lassen mich die Trainer die Anlagen nutzen und ich trainiere mit den Jungs im Team. Das mache ich die meiste Zeit im Jahr.
Wie verbringst du deine Freizeit, wenn du nicht auf dem Platz bist?
Es hängt von den Orten ab, an denen ich bin. An einigen Plätzen gibt es mehr zu sehen. Ich hoffe wirklich, hier in Hamburg die Chance zu haben, einige Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Europa ist für mich immer noch ziemlich neu.
Es ist dein erster Besuch in Hamburg, oder?
Ja, aber ich war über den Sommer in Deutschland und habe dort bereits Tennis gespielt.
Was hast du über die Stadt gehört?
Nur gute Dinge. Johanna Silva, die hier am Damenturnier teilnimmt, hat auch an der University of Tennessee studiert. Wir haben uns einige Jahre getroffen. Außerdem hat mein guter Freund Mark Wallner eine Wildcard für das Doppelturnier erhalten. Mit ihm hier zu sein, hat es mir leicht gemacht, zu kommen, weil ich zumindest jemanden kenne, mit dem ich mich sehr gut verstehe. Das ist wirklich klasse.
Du bist auch ein guter Doppelspieler und stehst auf Platz 167 der Welt. Ist das etwas, was dir Spaß macht und womit du weitermachen möchtest?
Ich spiele lieber Einzel. Ich werde nächstes Jahr wahrscheinlich an nicht so vielen Doppelturnieren teilnehmen, um mich auf das Einzel zu konzentrieren. Mein Ziel ist es in der Qualifikation von allen vier Grand-Slam-Turnieren dabei sein zu können. Ich spiele Doppel, um meinem Einzel zu helfen. So sehe ich das. Ich spiele es gerne, aber ich weiß, dass ich wahrscheinlich im Einzel erfolgreicher sein kann.
Wie würdest du deinen eigenen Spielstil beschreiben?
Ich würde sagen, dass ich ein aggressiver Baseline-Spieler bin, der auch ein guter Counterpuncher ist. Ich gewinne meine Punkte gerne von der Grundlinie. Ich mag meinen Aufschlag und versuche damit einige freie Punkte zu erzielen.
Du bist ziemlich schnell in den Rankings aufgestiegen, konntest knapp 300 Positionen in diesem Jahr gut machen. Jetzt bist du an Nummer zwei bei einem Challenger-Event gesetzt. Übt das auch Druck auf dich aus oder siehst du dies eher als eine zusätzliche Motivation?
Es ist ziemlich lustig, denn das Challenger in Cary, dass ich gewonnen habe, war wahrscheinlich das stärkste, dass ich dieses Jahr gespielt habe. Unter anderem haben dort Lloyd Harris, Rinky Hijikata und Liam Broady teilgenommen. Ich denke, du musst einfach immer wieder antreten und wissen, wann es deine Woche ist. Ich habe einige Challenger gespielt, und wenn du dir die Turnierraster ansiehst, kann es manchmal sein, dass du ein Feld als nicht so stark erachtest und dann verlierst du in der ersten Runde. Deshalb denke ich, dass du nicht zu sehr auf die Zahlen achten solltest. Ich lasse lieber das Tennis sprechen. Solange du aus deinen Niederlagen lernst und mit deinen Siegen zufrieden bist, bist du auf einem guten Weg.
Als nächstes steht beim Hamburg Ladies & Gents Cup Jelle Sels an. Was können wir noch von dir für den Rest der Woche erwarten?
Ich kenne die meisten der Jungs aus Europa nicht. Ich kenne die meisten Spieler, die bei den Turnieren in den USA dabei sind. Ich werde wahrscheinlich ein paar Videos ansehen, um herauszufinden, wie er spielt und was für mich gut funktionieren könnte. Ich freue mich darauf.
Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg.