International Blog – Florian Heer
Während in diesen Tagen die meisten Blicke der Tennisfans auf die Australian Open gerichtet sind, gibt es einige Profis, die den Weg nach Melbourne nicht unternommen haben. Einer von ihnen ist Doppelspezialist Philipp Oswald, der zum ersten Mal seit 10 Jahren seine Saison nicht Down Under eröffnet. Das Ranking des Österreichers, der 11 Turniersiege auf der ATP-Tour erringen konnte und in wenigen Tagen seinen 38. Geburtstag feiert, hat es ihm in diesem Jahr nicht ermöglicht.
Oswald hat somit den australischen Sommer gegen den kanarischen Winter eingetauscht und trat in dieser Woche beim mit 120.950 Euro dotierten Tenerife Challenger an. An der Seite des ebenfalls erfahrenen Tschechen Roman Jebavy ist die Nummer 97 der ATP-Weltrangliste zwar im Viertelfinale gescheitert, doch soll das Hartplatzturnier auf der größten Insel des Archipels als Kickstart für einen erneuten Angriff auf die erweiterte Weltspitze der Doppelkonkurrenz dienen.
Ich konnte mit Philipp Oswald in Teneriffa über die aktuelle Situation, seine sportlichen Ziele und seine Erinnerungen an die Australian Open sprechen.
Tennis TourTalk: Noch ein frohes neues Jahr! Wir hast du die Off-Season verbracht?
Philipp Oswald: Tennistechnisch war es vielleicht nicht die Beste, die ich in meiner Karriere hatte, da ich nicht das Pensum gefahren bin wie in früheren Jahren. Es war trotzdem sehr cool fünf Wochen daheim zu sein. Natürlich wäre ich Ende Dezember gerne nach Australien geflogen, aber das ist sich mit meinem Ranking nicht ganz ausgegangen. Daher habe ich mich dazu entschieden auf der Challenger-Tour zu starten. Somit bin ich erst im Jänner losgeflogen und hatte eine Woche mehr zu Hause, was eine schöne Zeit mit meinen Kindern war. Mein Sohn hat Skifahren gelernt und es war insgesamt sehr lässig.
Das sind für vielreisende Profi-Tennisspieler in der Regel eher seltenere Erfahrungen, die man genießt.
Ja, ich war zum ersten Mal seit sieben Jahren Skifahren. Ich war nur davon überzeugt noch neue Skier zu besitzen. Diese haben sich dann jedoch als etwas älter entpuppt (lacht).
Das letzte Mal, dass du eine Saison nicht in Australien begonnen hast, war im Jahr 2013. Ist es dir schwer gefallen in Melbourne nicht an den Start gehen zu können?
Ich war zunächst sehr zufrieden damit, da ich eben die Zeit daheim genießen konnte. Als ich dann allerdings im Flieger Richtung Teneriffa war und die ganzen Bilder und Eindrücke über Social-Media aus Australien kamen, hat es doch ein wenig weh getan. Die Australian Open sind eines meiner Lieblingsturniere. Ich habe gute Erinnerungen an das Event. Es war immer ein Highlight und wenn ich ehrlich bin, wäre ich schon lieber in Melbourne.
Vor drei Jahren hast du dort das Viertelfinale im Doppel erreicht. Was macht dieses Turnier so besonders?
Es ist der gesamte Vibe. Man trainiert in Österreich im Winter im Schnee und freut sich einfach auf das Klima. Dazu sind die Australier sehr sportbegeistert und „easy-going“. Ich kann mich noch daran erinnern, wie einige Spieler das Turnier früher ausgelassen haben. Heute ist es ein Highlight. Es wird seitens der Organisatoren viel investiert und das Event wächst von Jahr zu Jahr. Es ist zudem ein sehr spielerfreundliches Turnier. Wir erhalten beispielsweise einen sogenannten Travel Grant.
Was bedeutet das genau?
Die Spieler erhalten vom Turnier zusätzlich zu ihrem Preisgeld ca. 5.000 Australische Dollar (ca. 3.000 Euro), um ihre Reisekosten zu kompensieren. Die Anreise ist natürlich weiterhin lang und anstrengend, aber mit diesem Zuschuss kann man sich schon fast ein Business-Class-Ticket leisten.
Gibt es ein besonderes Ereignis, was dir in Verbindung mit den Australian Open sofort ins Gedächtnis kommt?
Der Einzug ins Viertelfinale 2021 war natürlich ein Highlight meiner Karriere, ist aber auch aus der Not heraus geboren und macht es deshalb so besonders. Mein Partner Marcus Daniel und ich waren damals während der Pandemie als einziges komplettes Team beide von einer Quarantäne betroffen. Wir waren 15 Tage eingesperrt, da wir mit einem Flieger nach Melbourne kamen, auf dem es positive Covid-Fälle gegeben hatte. Daher tendierte unsere Erwartungshaltung für das Turnier gen null. Aus dem Nichts dann in das Viertelfinale einzuziehen war somit sehr speziell. Es war insgesamt eine Zeit, die ich nicht so schnell vergessen werde.
In diesem Jahr ist es also das Tenerife Challenger. Wie sind deine Eindrücke?
Ich bin zum ersten Mal hier und begeistert vom Turnier. Eigentlich sind wir gestern ausgeschieden, aber wir haben uns spontan dazu entschlossen noch einen Tag länger zu bleiben, da es uns so gut gefällt. Wir wollen das gute Wetter hier noch ausnützen, bevor es nächste Woche wieder in die Halle nach Belgien geht. Insgesamt ist das Event hier sehr schön aufgezogen.
Gibt es einen bestimmten Spot, der dir hier besonders gefällt?
Der Strand bei uns am Hotel ist sehr lässig. Generell sind die klimatischen Verhältnisse fantastisch, wenn man bedenkt, dass es Mitte Jänner ist und wir viel Sonne und Temperaturen über 20 Grad genießen dürfen.
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Du hast in der vergangenen Saison mit wechselnden Partnern gespielt. Heuer hast du mit Roman Jebavy in Oeiras, Portugal begonnen und ihr seid auch hier gemeinsam angetreten. Beabsichtigt ihr als Team länger zusammen zu bleiben?
Wir haben beschlossen die Saison gemeinsam zu beginnen. Wir haben beide kaum Punkte zu verteidigen, sind aber auch dementsprechend mäßig im Ranking platziert. Roman steht auf Rang 116, und ich auf Position 97. Das reicht leider nicht, um an ATP-Tour-Turnieren teilzunehmen. Eigentlich wollten wir ein paar Punkte gut machen. Das hat leider nicht ganz funktioniert. Aber es wird mit jedem Match besser und wir müssen jetzt abwarten, was die nächsten Wochen so bringen. Ich habe mit Roman in der Vergangenheit bereits öfters gespielt. Wir sind in Wimbledon in die dritte Runde eingezogen. Auch wenn wir nie länger am Stück zusammen angetreten sind, haben wir eine gemeinsame Geschichte. Er hat mir erst gestern erzählt, dass sein letzter Titelgewinn in Marbella 2022 mit mir war.
Du bist bereits viele Jahre auf der Tour unterwegs. Welche Ziele verfolgst du in dieser Saison und vielleicht darüber hinaus?
Ich möchte auf jeden Fall bei den weiteren drei Grand-Slam-Events dabei sein. Dann müssen wir mal weitersehen. Ich werde nächste Woche 38. Meine Frau hat daheim den Nagel schon in die Wand geschlagen, jetzt muss ich noch den Schläger daran hängen (lacht). Es hängt natürlich von meinen Leistungen ab, aber 2024 könnte auch gut meine letzte Saison sein.
Der Spaß an der Tennis-Tour ist aber noch vorhanden?
Absolut, aber beispielsweise hier auf der Challenger-Tour kenne ich teilweise mehr Coaches als Spieler (lacht). Dazu kommen junge Spieler nach. Das macht es aber auch spannend.
Ist das Niveau auf dieser Ebene verglichen mit der Zeit, als du Profi wurdest, gestiegen?
Es ist auf jeden Fall professioneller geworden als noch vor 10 Jahren. Man hat früher kaum Doppelspieler auf der Challenger-Tour gesehen, die mit eigenen Coaches unterwegs waren. Zudem findet man fast ausschließlich Doppelspezialisten im Feld. Obwohl das Doppel bei der ATP seit dem Karriereende der Bryan Brüder eher als Randsportart vermarktet wird, scheint es aber bei den Spielern wieder sehr beliebt zu sein. Der Wettbewerb ist zudem offener geworden.
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Du hast es vorher schon kurz angedeutet. Auch im privaten Bereich kann sich im Laufe der Zeit einiges verändern.
Meine Kinder sind mit zwei und vier im supersüßen Alter. Meine Frau arbeitet zurzeit 70 Prozent und muss die Dinge zu Hause allein schaukeln. Zugunsten des Tennis hat sie ihrer Karriere zurückgesteckt. Sie hat aber auch gesagt, dass ich in diesem Jahr nochmal alles reinhängen soll. Dann ist es vielleicht aber auch mal gut und es kommt meine Chance, daheim zu bleiben, was meiner Frau die Möglichkeit ergibt ihre Karriere intensiver weiterzuverfolgen, und mir etwas zurückgeben zu können.
Hast du schon bestimmte Pläne für eine Zeit nach dem Profi-Tennis?
In irgendeiner Form möchte ich mit dem Sport verbunden bleiben. Tennis ist meine Leidenschaft. Als Coach werde ich wohl nicht sofort auf die Tour zurückkehren, aber ein Engagement in der Region kann ich mir gut vorstellen. Jetzt gilt es sich aber zunächst noch auf diese Saison zu konzentrieren und das Beste herauszuholen.
Viel Erfolg und danke für das Gespräch.