Philipp Kohlschreiber: „Das Bundesliga Konzept des TC Großhesselohe hat mich überzeugt“

Philipp Kohlschreiber beim TC Großhesselohe (Foto: Horst Huber)

International Blog – Dietmar Kaspar

Nachdem die Tennis-Point Bundesliga im letzten Jahr aufgrund der Covid-19-Pandemie komplett abgesagt wurde, bestreitet Philipp Kohlschreiber in diesem Jahr seine 20. Saison in der Beletage des deutschen Mannschaftssports. Nach verschiedenen Stationen schlägt der Wahl-Münchner am Isarhochufer für den TC Großhesselohe auf. Dietmar Kaspar traf sich mit dem Olympiateilnehmer am Rande des Bundesligaspiels gegen den HTC Blau-Weiß Krefeld, wo der 37-jährige mit einem Sieg gegen den Italiener Andrea Collarini ein gelungenes Heimdebüt für seinen neuen Club feiern konnte.

Tennis Tourtalk: Nach fast zwei Jahren endlich wieder Tennis-Bundesliga. Was macht für Sie das Besondere an diesem Wettbewewerb aus?

Philipp Kohlschreiber: Ich freue mich natürlich riesig hier im Münchner Süden in der Bundesliga zu spielen. Das ist nicht nur schön für die Spieler, sondern auch für die Mitarbeiter des Clubs, die Ballkinder und die Zuschauer, die alle begeistert vom Tennis sind. Im Vergleich zu den Turnieren ist die Atmosphäre hier viel lockerer und die Leute sind hautnah an den Spielern dran.

Sie bestreiten in diesem Jahr bereits Ihre 20. Saison im Oberhaus. Blicken Sie mal zurück auf Ihre Stationen und Ihre jeweiligen Erfahrungen?

Vor dem Einstieg in die Bundesliga blicke ich auch sehr gerne auf meine ersten höherklassigen Erfahrungen beim MTTC Iphitos München zurück, wo ich als 14-jähriger in der Regionalliga gespielt habe. Ich konnte zusammen mit Spielern wie Tomas Nydahl und Rene Nicklisch, die damals meine Heroes waren, trainieren und dabei viel lernen. Die erste Bundesliga-Station Bamberg war sehr prägend für mich, da ich als 16-jähriger ohne Auto komplett vor Ort geblieben bin und dort täglich mit dem harten Kern trainieren konnte. Gerade als junger Spieler ist es wichtig, von den erfahrenen Team-Mitgliedern zu lernen und man kann jedes Wochenende zwei Matches auf hohem Level bestreiten. Mit Vereinen wie Neuss, Aachen und Gladbach habe ich über viele Jahre versucht um den Titel mitzuspielen und es waren dort auch immer tolle Zeiten. Irgendwie schließt sich jetzt der Kreis, man ist ja auch etwas älter geworden, dass die Heimat wieder kommt und man sehr gerne die großen Ambitionen des lokal ansässigen Bundesliga-Clubs unterstützen möchte.

Wann und wie kam der Kontakt zum TC Großhesselohe zustande?

Bei den US Open 2018 bin ich mal ganz leger mit meinem Freund und ehemaligen Doppelpartner Christopher Kas zum Abendessen gegangen. Dabei hat er mir in seiner Funktion als Teammanager die Ambitionen des TCG aufgezeigt, dass sie eine gute Mannschaft zusammenstellen wollen, die auch um den Titel mitspielen möchte. Für mich ist es nach wie vor sehr wichtig, dass ein Verein große Ziele hat und nicht nur einfach dabei sein möchte. Hinzu kommt, dass in Großhesselohe auch viele deutsche und österreichische Spieler im Team sind, die ich schon lange von der Tour her kenne und mit denen ich mich sehr gut verstehe.

Ist der Umzug von Kitzbühel in den Raum München schon durchgeführt?

Wir sind schon komplett umgezogen und sind richtig happy damit. Ich trainiere trotzdem noch öfters in Kitzbühel, da mein Trainer Markus Hipfl nach wie vor dort lebt. Wir haben es jetzt immer etwas aufgeteilt. In der Zeit wo ich etwas angeschlagen/verletzt war im Winter war ich viele Wochen durchgehend in Kitzbühel. Bei der Vorbereitung auf die Sandplatzsaison habe ich dann vermehrt in der TennisBase Oberhaching trainiert, da diese Turniere nicht in der Höhenlage wie in Kitzbühel stattfinden. Zudem sind in Oberhaching die Rahmenbedingungen und die Trainingspartner etwas besser.

Beim Neckarcup in Heilbronn, wo Sie nach längerer Zeit mal wieder drei Matches bei einem Turnier bestreiten konnten, kündigten Sie an, dass Sie den Verlauf der nächsten Turnierwochen beobachten möchten mit dem Ziel Olympische Spiele in Tokyo. Wie zufrieden sind Sie mit der spielerischen Entwicklung und den Resultaten seitdem?

In der Zeit hat sich glaube ich sehr viel getan. Von dem vielleicht etwas ängstlicheren bzw. zurückhaltenden Philipp in Heilbronn habe ich einen guten Turn geschafft. Mit den Siegen bei den French Open, wo es auf meine Seite herübergeschwappt ist, konnte ich enorm viel Selbstvertrauen tanken. Seitdem spiele ich sehr gutes Tennis, wo ich in meinem Spiel wenig Schlechtes finden kann. Die Punkteausbeute war ok. Es hätte eventuell auch die ein oder andere Belohnung mehr sein können, aber wenn man die Gegner wie Rublev, Schwartzman und Shapovalov betrachtet, die ja in oder an den Top10 sind, ist es nicht unbedingt eine Schande zu verlieren. In Hamburg habe ich auch zwei sehr gute Matches gespielt und gegen Krajinovic ein knappes Match auf ganz hohem Niveau verloren.

Die deutschen Tennisfans hoffen natürlich, dass sie noch möglichst lange einen Philipp Kohlschreiber in dieser Form auf der Tour sehen können. Können Sie sich vorstellen auch weiterhin in der Tennis-Bundesliga zu spielen auch wenn Sie nicht mehr auf Turnieren antreten?

Das ist im Moment ganz schwer vorherzusagen. Wenn ich aufhöre bei Turnieren zu spielen hat das ja auch einem bestimmten Grund. Das Reisen und das Bubble-Leben in dieser Zeit hat mir nicht wirklich Spaß gemacht. Falls dies verstärkt wiederkommen sollte, kann es gut sein, dass ich wesentlich weniger spielen werde. Wenn ich dieses wenige Tennis im besten Falle in erfolgreiches Tennis umwandeln kann, werde ich sicher noch länger spielen. Es ist natürlich wichtig, dass in dieser Zeit Maßnahmen zur Gesundheit aller getroffen werden, aber ich habe in meiner langen Karriere viel tolles erlebt und da möchte man diese nicht unbedingt in einer ich nenne es mal etwas traurigeren Atmosphäre beenden.

Alles Gute für die nächsten Aufgaben und vielen Dank für das Gespräch.