Alexander Zverev und der Weg vom Next-Gen zum Now-Gen

Blog – Florian Heer

Rom am vergangenen Sonntag: Alexander Zverev gewinnt seinen ersten ATP Masters 1000 Titel seiner Karriere und schreibt sich damit in die Geschichtsbücher ein. Jüngster Sieger in der ewigen Stadt seit Rafael Nadal 2006. Jüngster Masters Champion seit Novak Djokovic in Miami 2007. Der erste deutsche Top 10 Spieler seit Tommy Haas 2007 und vieles mehr war zu lesen über den fantastischen Erfolg des 20-jährigen Tenniscracks.

Rückblick. München vor 14 Tagen: Zverev gewinnt sein drittes Turnier auf der ATP World Tour und sitzt in der anschließenden Pressekonferenz der BMW Open den anwesenden Journalisten gegenüber.

Mit einem simplen aber betonten „ja“ erwidert er die Frage, ob er sich angesichts seines jüngsten Erfolges anstelle der Teilnahme bei den NextGen ATP Finals in Mailand, sich nicht eher einen Platz unter den Top 8 des Jahres bei den ATP World Tour Finals in London erhoffe.

Zverev ist der Anführer der sogenannten Next Generation, einer Kampagne, welche die ATP 2016 aus der Taufe hob und mit dem großen Finale der 8 Besten unter 21-jährigen in Norditalien im November dieses Jahres seinen Höhepunkt erreichen soll. Das neue Turnier wurde während des Saisonfinales im letzten Jahr in London vorgestellt und wohl nur wenige der Anwesenden werden zu diesem Zeitpunkt daran gedacht haben, dass einer der möglichen Titelanwärter in Mailand schon gut ein halbes Jahr später in die Top 10 der Weltrangliste vorgestoßen sein wird. Ein NextGen Final mit abgeänderten Tennisregeln wie der No-Let-Rule  oder der Einführung der Short Clock und ohne der Vergabe von Weltranglistenpunkten ist für einen Spieler in diesen Sphären der Weltrangliste als eher uninteressant einzustufen.

Höhere Ambitionen

Zverev

Alexander Zverev: Sieger der BMW Open 2017

Zverev’s Anspruch wurde mit seiner Reaktion auf die Frage in München eindeutig. Während viele andere Kollegen die Teilnahme am Turnier in Mailand als ihr persönliches Saisonziel für 2017 angeben, hatte der Jungstar bereits Größeres im Sinn. Sein Sieg in Rom unterstreicht eindrucksvoll diese ambitionierte Denkweise.

Dass es ihm bei der Erwähnung des Nachwuchsturniers zudem ein kleines, süffisantes Lächeln entlockte, unterstreicht sein ihm oft als schwierig attestiertes Verhalten in der Öffentlichkeit bzw. gegenüber den Medienvertretern.

Ohne Frage ist das neueste Mitglied der Top 10 im Herrentennis kein Vertreter der aalglatten Spielergarde. Er hat Ecken und Kanten. Das beweist er auf dem Platz, aber auch des Öfteren abseits davon. Vielleicht ist es aber auch genau das, was das deutsche Tennis gebraucht hat, um auch wieder aus dem medialen Schattendasein zu treten: einen Charakterkopf der zielgerichtet seinen Weg verfolgt. Er stellt hierbei auch ein glänzendes Gegenstück zur etwas brav wirkenden Angelique Kerber dar. Die positiven Ergebnisse beider Spieler auf dem Platz sind auf jeden Fall förderlich für den Tennissport in Deutschland.

Zverev hat seine Abschlusspressekonferenz in München übrigens mehr oder weniger kommentarlos abgebrochen. Eine erneute Frage bezüglich seines Schlafverhaltens während der Regenunterbrechung vor dem Finale in der bayerische Landeshauptstadt schien ihn einfach nur zu langweilen. So stand er einfach auf und verließ das Podium. Seine guten Ergebnisse auf dem Tennisplatz werden ihn aber wieder sicher bald an diesen Platz zurückholen. In München oder auch in viele andere Presseräume auf der Tour.