International Blog – Florian Heer
Das internationale Profitennis befindet sich in einer Zeit des Wandels. Die Turnierlandschaft verändert sich spürbar. Der Reformdrang seitens der großen Verbände und Organisationen macht auch vor der ATP-Challenger-Tour keinen Halt. Mehr Preisgeld, kompaktere Turnierformate und verbesserte Rahmenbedingungen sollen den Spielern ab dem nächsten Jahr zu Gute kommen (siehe Teil 1).
Acht ATP-Challenger-Events fanden im Jahr 2018 in Deutschland statt. Es folgt ein kleiner Überblick, was die hiesigen Turnierveranstalter über die Veränderungen denken und welche Auswirkungen diese auf den Unterbau im deutschen Herrentennis haben können.
ATP-Challenger Koblenz
Traditionell gastiert die ATP-Challenger-Tour während der Australian Open zum ersten Mal während einer neuen Saison in Deutschland. Seit 2017 veranstaltet Heiko Hampl und sein Team die Koblenz Open in einer Multifunktionsarena im Sportpark Oberwerth.
Diese moderne Eventstätte ist auch der Grund, dass die Veranstalter beruhigt in die Zukunft sehen können. In diesem Jahr strömten über 10.000 Zuschauer zum mit 43.000 Euro dotierten Turnier und machten es zum bestbesuchten Challenger seiner Kategorie. Der Termin für die dritte Auflage ist bereits für den Zeitraum 14. bis 20. Januar 2019 fixiert.
ATP Challenger Heilbronn
Die ATP-Challenger-Tour kehrt im Mai zurück nach Deutschland. Diesmal nach Heilbronn. Mit großen Erfolg haben Metehan Cebeci und sein Team ein Sandplatz-Freiluftturnier auf der Anlage des TC Heilbronn am Trappensee zu einer festen Größe im Tenniskalender gemacht. Erstmals fand der Neckarcup im Jahr 2014 statt und hat im Laufe der Zeit das Gesamtpreisgeld sukzessive erhöht. 85.000 Euro waren es in diesem Jahr.
„Dass die Preisgelder weiter erhöht werden aber die Weltranglistenpunkte nicht angepasst werden, sogar reduziert werden, ist für mich nicht nachvollziehbar,“ gibt Cebeci zu bedenken. „Allerdings entspricht dies auch einer Wertschätzung der Spieler, welche ich durchaus begrüße.“
Mit Alexander Zverev (2015) und Rudolf Molleker (2018) konnte die Turnierverantwortlichen bereits zweimal einem jungen deutschen Spieler die Siegertrophäe überreichen. Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm am Abend runden das Turniererlebnis für die Besucher ab. Der Lohn war die diesjährige Auszeichnung als „Bestes ATP-Challenger der Welt“.
ATP-Challenger Braunschweig
Dieser Award ist für das Turnier in Braunschweig fast schon ein Selbstläufer. Ganze fünf Mal konnte man diesen Preis erringen. Seit 1994 findet das Event in Niedersachsen statt und hat das oft als einfach verschriene Format eines Challenger-Turniers auf ein völlig neues Niveau gehoben. Das Konzept „Tennis meets Nighlife“ mit täglich wechselnden Side-Events wurde hier erfunden. Die weitläufige Anlage und der fast 2.000 Zuschauer fassende Center Court sind die Basis für den Erfolg. Die angestrebten Veränderungen werden den Veranstaltern des Turniers in Braunschweig nur wenig Schweiß auf die Stirn treiben lassen.
ATP-Challenger Pullach
Ähnlich dürfte die Situation in Pullach aussehen. Seit diesem Jahr gibt es neben den Sparkassen Open im Norden des Landes mit den Isar Open ein zweites Challenger-Turnier der höchsten Preisgeldkategorie von 127.000 Euro.
Das Turniergelände beim TC Großhesselohe bietet genügend Trainingsmöglichkeiten für die Spieler und auch die Unterkunftskapazitäten in der Metropolregion München sind mehr als ausreichend. „Wir sehen die angestrebten Veränderungen der ATP als unproblematisch,“ versicherte Co-Organisatorin Alessandra Trenkle noch direkt nach dem Finaltag der Premierenauflage.
ATP-Challenger Marburg
Das mit 43.000 Euro dotierte Sandplatzturnier in Marburg fand in diesem Juli zum neunten und vorerst letzten Mal auf der Anlage des TV Marburg statt. Turnierorganisator Heiko Hampl konnte mit dem Verein keine Einigung über eine Weiterführung des Challenger-Events in Mittelhessen erzielen können.
„Sowohl meine Erfahrung als auch die der anderen Veranstalter zeigt, dass die Kompetenzen klar verteilt sein müssen. Entweder ein Verein schafft es ein Turnier selbst zu organisieren oder ein Veranstalter pachtet eine Anlage. Es gibt nur schwarz oder weiß, weil alles andere nicht funktioniert,“ erklärte Hampl via Facebook und kündigte zeitgleich an das Turnier nach Ludwigshafen zu verlegen.
„Ich werde die erste Wimbledon Woche behalten und beim BASF TC Ludwigshafen ein Challenger veranstalten. Die Anlage gibt von der Infrastruktur einfach alles her, was man sich wünscht. Es ist natürlich ein Unterschied, ob man einen Weltkonzern im Rücken hat oder nicht. Die neuen Anforderungen der ATP sind nicht ohne, wenn man bedenkt, dass einem der Start am Montag komplett verregnet, muss man am Dienstag ca. 26 Matches spielen lassen. Dafür musst du erstmal Plätze haben, ganz geschweige Personal. Die Anlage in Ludwigshafen wird im Januar einmal komplett runderneuert sein mit tollen Räumlichkeiten wie einem Seminarsaal, der Blick auf beide großen Courts erlaubt,“ so Hampl, der die Reform der ATP-Challenger-Tour als eine „deutliche Aufwertung der Turnierserie“ bezeichnet.
Die Aufstiegsmöglichkeiten für den Nachwuchs sieht er jedoch eher kritisch. „Wenn nur 4 Spieler der ITF-World-Tennis-Tour ihre Punkte für einen Platz im Hauptfeld eines Challengers einlösen können wird es für die jungen Spieler sehr schwer nach oben zu kommen. Die Nachfrage nach Wild Cards wird hingegen explodieren.“
ATP-Challenger Meerbusch
Die Tennis Open-Stadtwerke Meerbusch fanden im August auf der Anlage des GWR Büderich in Meerbusch statt. Das Sandplatzturnier war mit einem Gesamtpreisgeld von 43.000 € dotiert. Dass die Organisatoren in die Umgestaltung der Challenger-Tour nicht involviert waren, sieht man hier kritisch.
„Als Veranstalter hätte ich mir es gewünscht rechtzeitig über Veränderungen informiert zu werden und Möglichkeiten der Mitgestaltung zu erhalten,“ erklärt Organisator und Turnierdirektor Marc Raffel auf Anfrage.
„Ebenso hätte ich mich sehr über mehr Unterstützung von Seiten der ATP gefreut erneut aufkommende Mehrkosten und Risiken für die Veranstalter abzufedern bzw. auszugleichen. Die ATP Challenger Tour ist ein fantastisches Turnierformat, das von allen Seiten noch mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit verdient.“
ATP-Challenger Ismaning
Im Oktober kehrt die Turnierserie nach Deutschland zurück. Auf dem international inzwischen ausgestorbenen Bodenbelag Teppich fand in diesem Jahr die zweite Ausgabe der Wolffkran Open in Ismaning statt. 43.000 Euro wurde als Gesamtpreisgeld ausgeschüttet. Eine Erhöhung auf über 46.000 Euro im kommenden Jahr wird hier skeptisch betrachtet.
„Die Erhöhung trifft uns,“ macht es Co-Veranstalter Peter Auernhammer deutlich. „Nicht sofort, weil wir als Ausgleich in den ersten zwei Jahren einen Zuschuss von der ATP bekommen, aber danach müssen wir das erhöhte Preisgeld irgendwie auftreiben. Noch härter trifft uns – zumindest in Ballungsräumen wie München mit ihrer ständig ausgebuchten und hochpreisigen Hotelstruktur – die Vergrößerung der Hauptfelder und damit der „Hospitality-Berechtigten“. Mal eben für 50% mehr Spieler Zimmer bereitstellen zu müssen ist sowohl logistisch (unser Partnerhotel hat gar nicht so viele Zimmer) als auch finanziell eine riesige Herausforderung.“
Wie die meisten anderen Turnierveranstalter sieht man es auch hier als problematisch an nicht in die Pläne der ATP mit einbezogen geworden zu sein. „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist sicher kein optimales Vorgehen,“ erklärt Auernhammer. „Warum auf einmal alles auf den Kopf gestellt wird, was jahrzehntelang gut funktioniert hat erschließt sich mir nicht ganz. Auch wenn es verständlich ist, dass die Profis alle gerne mehr verdienen würden und weniger Kosten haben wollen – so sind es doch die Veranstalter, die das alles irgendwie finanzieren müssen.“
ATP-Challenger Eckental
Hart könnten die Veränderungen auch das Turnier in Eckental treffen, welches die Challenger-Saison in Deutschland im November beschließt. Der 18 Jahre alte Belag – ebenfalls Teppich – gilt als veraltet. Die ATP beanstandet den Spieluntergrund und verlangt einen Austausch. „Der Teppich hat einiges auf dem Buckel ist hinüber,“ gesteht der stellvertretende Turnierorganisator Fabian Reisch.
Ersatz muss gefunden werden und dieser Belag muss wiederrum schnell sein, um in der relativ kleinen Halle des „House of Sports“ die Platzvorgaben hinter der Grundlinie so gering wie möglich zu halten. Auf langsameren Geläuf müssten 6,90 Meter als Auslauffläche bereitgestellt werden, anstelle der bisherigen 5,80 Meter.
Zudem fehlt ein Titelsponsor, nachdem der frühere Namensgeber nach der 21. Auflage dieses Jahr ausgestiegen war. Das als „Internationale Deutsche Hallenmeisterschaften“ deklarierte Turnier sieht sich einer unsicheren Zukunft entgegen.