Teutonische Talentschmieden Teil 1 – Tennisbase Oberhaching

TennisBase Oberhaching (Foto: BTV)

International Blog – Dietmar Kaspar

Aus aktuellem Anlass lohnt sich zum Auftakt ein Blick in den Münchner Süden, wo der Bayerische Tennisverband (BTV) eine große Journalistenrunde geladen hat, um die Erweiterung der TennisBase Oberhaching zu präsentieren.

Historie

Die TennisBase wurde im Jahre 1994 als Landesleistungszentrum des BTV gegründet und ab 1998 für den Profisport geöffnet. Weltklasse-Spieler wie z. B. Philipp Kohlschreiber, Florian Mayer und Daniel Brands konnten sich hier ihre Grundlagen für eine erfolgreiche Profi-Karriere erarbeiten.

2009 folgte der nächste Meilenstein mit der Inbetriebnahme des BTV-Tennisinternats, wo Talente des BTV-Kaders ab der 7. Schulklasse von ausgebildeten Pädagogen betreut werden, um Leistungssport und Schule optimal miteinander verbinden zu können.

Die Aufnahme des Deutschen Tennis Bunds in die Grundförderung des Deutschen Olympischen Sportbunds im Jahre 2017 schaffte die finanziellen Möglichkeiten, um die DTB-Bundesstützpunkte zu professionalisieren und mit fest angestelltem Personal zu besetzen. Neben dem seit 2015 dort stationierten Herren-Bundestrainer Michael Kohlmann, der sich auch für die sportlichen Belange des deutschen Davis Cup-Teams verantwortlich zeigt, sind aktuell Martin Liebhardt als Bundesstützpunktleiter und Jonathan Januschke als Bundesathletiktrainer für den DTB in Oberhaching tätig.

Struktur

Der komplette Ablauf an der TennisBase Oberhaching wird durch zwei BTV-Tochtergesellschaften bewerkstelligt. Die BTV Betriebs GmbH, mit Geschäftsführer Peter Mayer an der Spitze, zeichnet sich für die infrastrukturellen Aufgaben verantwortlich. Der sportliche Teil inklusive dem Profi-Bereich und dem Marketing obliegt dem Team der BTV Marketing, Sport & Service GmbH um Geschäftsführer Hans Hauska.

Erweiterung der TennisBase

Mit einem Budget von 13,5 Millionen, gefördert unter anderem durch die Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern, wurde im Frühjahr 2018 die bauliche Erweiterung der TennisBase in Angriff genommen. Die Gesamtfläche wurde um knapp ein Drittel auf ca. 19.000qm vergrößert, um das Bauvorhaben in 2 Bauabschnitten zu bewerkstelligen.

TennisBase Oberhaching

Das neue Apartmentgebäude der TennisBase Oberhaching (photo: BTV)

Mit dem abgeschlossenen Bauabschnitt 1 wurden neben den zusätzlichen Außenplätzen auch eine neue 2-Feld Tennishalle, eine Kleinsporthalle mit Athletikbereich und zusätzliche

Wohnappartements mit Aufenthaltsbereich für die Ü18-Spieler errichtet. Im Zuge dieses Neubaus werden auch zusätzliche Trainerbüros in dem ehemaligen Athletikraum errichtet.

Für den Trainingsbetrieb stehen somit 7 Hallenplätze mit Rebound Ace-, 1 Freiplatz mit Rebound Ace- und 5 Freiplätze mit Sand-Belag zur Verfügung.

Im Bauabschnitt 2, dessen Fertigstellung für den Sommer 2020 geplant ist, entsteht ein großes Verwaltungsgebäude, in dem neben der kompletten Geschäftsstelle des BTV und der TDS auch Praxis-Räumlichkeiten für Physiotherapie und Sportmedizin eingerichtet werden. Ebenso wird das neue Gebäude auch Sozialräume für das Tennisinternat beinhalten.

Bei der Pressekonferenz im Rahmen des Besichtigungstermins äußerte sich BTV-Präsident Helmut Schmidbauer über die Bedeutung der erweiterten TennisBase: „Hier in Oberhaching entsteht die neue Heimat des Bayerischen Tennis-Verbandes. Die Zusammenlegung der Verwaltung und des Spitzensports hebt uns auf eine neue Stufe. Mit der Erweiterung der Sportinfrastruktur haben wir für unsere besten Nachwuchstalente und Profis erstklassige Bedingungen geschaffen, um sich optimal zu entwickeln und international konkurrenzfähig zu sein.“

Um einen internationalen Vergleich der Qualität des Bundesstützpunktes Oberhaching wurde der ebenfalls anwesende Klaus Eberhard gebeten: „National gehört Oberhaching, was die Anzahl der Plätze und die Qualität der Gesamtinfrastruktur angelangt sicherlich zur absoluten Spitze. Der internationale Vergleich ist sehr schwierig. Wir sind im DTB mit den vier Bundesstützpunkten in Oberhaching, Stuttgart, Hannover und Kamen sowie den zusätzlichen Landesleistungszentren ganz anders aufgestellt als beispielsweise der französische Tennisverband mit dem zentralen Stützpunkt in Roland Garros in Paris. Grundsätzlich haben wir für die Talentförderung in Deutschland in der Fläche sehr gute Bedingungen – mit Oberhaching als dem momentanen Top-Zentrum“, so der DTB Sportdirektor.

Trainerstab

An der Seite von Herren-Bundestrainer Kohlmann sind zahlreiche Tennistrainer des BTV an der TennisBase beschäftigt, um den täglichen Trainingsbetrieb sowohl mit den Profis als auch mit den Nachwuchsspielern durchzuführen.

Angeführt von Cheftrainer Profisport Lars Uebel kümmern sich Tobias Summerer und Lukas Wolff um die sportlichen Belange der ansässigen Profi-Spieler.

Im Nachwuchsbereich wird neben Trainer-Urgestein Stefan Eriksson unter anderem auf die Dienste von Bernhard Noha, Benjamin Benedikter und Korbinian Appl gesetzt.

Zu den Erwartungen seitens der Trainer bzgl. der neuen Qualität des Bundesstützpunktes hebt Uebel mahnend den Zeigefinger: „Man sollte Infrastruktur nicht mit sportlicher Leistung gleichsetzen. Wir brauchen große Motivation und Ehrgeiz, um unsere sportlichen Ziele zu erreichen, die neue Infrastruktur wird uns sicher dabei helfen.“

Profispieler

In das neue Tennisjahr 2020 startet die TennisBase mit folgenden sportlichen Aushängeschildern:

Yannick Hanfmann, der in dieser Saison keinen geringeren als Rekord-Champion Rafael Nadal bei den French Open herausfordern durfte, wählte den Weg über ein Studium für International Relations an der University of Southern California, um sich durch College-Tennis auf die Profi-Tour vorzubereiten. Mit seinen fünf Titeln auf der ITF World Tennis Tour und der gleichen Anzahl an Titeln auf der ATP Challenger Tour spielte er sich bereits unter die Top 100 der Weltrangliste. Nach einem verletzungsbedingt späten Start in diese Saison steht er aktuell auf Position 173. Der 28-jährige ist der erste Spieler, der bereits eines der neuen Profiappartements als Wohnsitz nutzt.

Tennisbase Oberhaching

BTV TennisBase Präsentation zum laufenden Bauprojekt mit Michael Kohlmann, Lars Uebel, ATP Profis Milan Welte, Yannick Hanfmann und Maximilian Marterer (Foto: Jürgen Hasenkopf/BTV)

„Die Appartements sind schön eingerichtet und die kurzen Wege sind einfach perfekt, deshalb war es für mich keine schwere Entscheidung das Angebot anzunehmen”, schwärmte der gebürtige Karlsruher.

Befragt zu seiner sportlichen Situation kommentierte er wie folgt: „Nach dem verzögerten Beginn habe ich ein gutes Jahr gespielt und mich in vielen Bereichen verbessert. Da ich mich körperlich sehr gut fühle, kann ich im nächsten Jahr hoffentlich ein komplettes Turnierprogramm absolvieren. Mein Ziel ist es die Top 100 wieder anzugreifen, wo ich meiner Meinung nach spielerisch auch hingehöre.”

Ebenfalls wieder zu alter Stärke zurückfinden möchte Maximilian Marterer. Der Nürnberger, der es im letzten Jahr bis auf Weltranglistenposition 45 geschafft hat und bei den damaligen French Open im Achtelfinale nur von Dauersieger Rafael Nadal gestoppt werden konnte, war seit Mitte des Jahres aufgrund einer Knieverletzung komplett weg von der Tour. Mit Coach Tobias Summerer bereitet er sich auf die neue Saison vor, wo er planmäßig in Australien von Weltranglistenposition 240 aus wieder ins Turniergeschehen eingreifen möchte. Der 24-jährige errang in seiner bisherigen Karriere jeweils sechs Titel auf der ITF World Tennis Tour und der ATP Challenger Tour.

Den gesicherten Startplatz im Hauptfeld der Australian Open 2020 kann Cedrik-Marcel Stebe aus Mühlacker vorweisen. Nach mehreren Zwangspausen aufgrund von Operationen am Handgelenk konnte der 29-jährige in dieser Saison mit einem Finaleinzug beim ATP 250-Turnier in Gstaad glänzen. Mit Platz 166 im ATP-Ranking hat der Linkshänder eine gute Ausgangsposition, um wieder in die Bereiche seines bisherigen Karriere-Hochs mit Platz 71 vorzudringen. Neben seinen drei Titeln auf der ITF World Tennis Tour konnte der ehemalige Davis Cup-Spieler bereits sieben Trophäen auf der ATP Challenger Tour erringen.

Als besonders steinig dürfte sich der Weg zurück für DTB-Talent Marvin Möller gestalten. Nach fast 2-jähriger Abstinenz von der Profi-Tour aufgrund einer Handgelenksoperation wird sich der 20-jährige ohne Ranking in der ATP-Weltrangliste erst einmal auf der ITF World Tennis Tour beweisen müssen. Es bleibt zu hoffen, dass der hochveranlagte Hamburger seinem Titel auf dem ITF Pro Circuit im Jahre 2017 noch viele weitere Erfolge hinzufügen kann.

Ausblick

Perspektivisch ist es die Zielsetzung der TennisBase, verstärkt Nachwuchstalente an das Zentrum zu binden, wie es Herren-Bundestrainer Kohlmann formuliert: „Wir laden immer wieder Kaderathleten zu Trainingswochen ein, damit diese sich ein besseres Bild über das erweiterte Trainingszentrum machen können. Mit diesen Wochen wollen wir die Spieler u.a. mit der Qualität der Trainer, der Qualität und Fülle ihrer Trainingspartner und dem gesamten Trainingsangebot überzeugen“.

Bereits in Anspruch genommen wird dieses Angebot unter anderem von dem 18-jährigen Milan Welte, der beim diesjährigen Junioren-Bewerb der US Open mit seiner Viertelfinalteilnahme aus der Qualifikation heraus für Furore sorgte. Der Saarländer wird perspektivisch seinen Trainingsmittelpunkt in der TennisBase Oberhaching haben.

Auch Weltklassespielerin Julia Görges, die sich für die neue Saison in Sachen Trainerteam komplett neu aufgestellt hat, nutzt die idealen Trainingsmöglichkeiten des erweiterten Zentrums regelmäßig.

Die erweiterte Anzahl an Plätzen ermöglicht es dem Standort auch, Stützpunkt-Trainings für den Südbayerischen Raum an der Base durchzuführen, um schon die 10 bis 13-jährigen Talente in Augenschein zu nehmen und zu fördern.