International Blog – Dietmar Kaspar
„Endlich geht es wieder los“ – dieser Gedanke herrschte nicht nur bei zahlreichen deutschen Spitzenspielern vor. Auch der Tennisbegeisterte konnte es kaum erwarten, dass die Saure-Gurken-Zeit in Form der Corona-Pause endlich ad acta gelegt werden konnte.
Mit großer Vorfreude machte ich mich auf in den Münchner Süden, um das Vorrundenturnier der Tannenhof Resort German Men’s Series auf der traumhaft idyllischen Anlage des TC Großhesselohe zu begutachten. Da aufgrund der Corona-Restriktionen im Freistaat Bayern immer noch keine Zuschauer zugelassen sind, wusste man den Zutritt als akkreditierter Journalist durchaus zu schätzen. Nachdem die Hürde der Anmeldung mit vorgeschriebener Mund-Nasen-Bedeckung als erste Stufe überwunden war, konnte man sich von den weiteren Maßnahmen des umgesetzten Hygiene-Konzepts überzeugen. Kenntlich gemachte Presse-Plätze am Court mit einem Sitzplatz pro Bank, großzügigster Pressekonferenz-Raum mit großen Abständen zwischen den einzelnen Sitzen und allgemein zugängliche Spender für Desinfektionsmittel sind nur einige Beispiele für die ernsthafte Umsetzung dieser Maßnahmen.
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Direkt empfangen vom Präsidenten Roland Benedikt, also sozusagen dem Hausherrn des TC Großhesselohe, wurde einem die Rolle des Vereins für die Austragung des Events näher gebracht. Nach Absage der Tennis-Bundesliga, die ja für zahlreiche deutsche Spieler eine wichtige Einnahmequelle neben der Tour darstellt, möchte der Verein den Spielern mit der Turnier-Ausrichtung im Rahmen der mit über 300.000 Euro dotierten DTB German Pro Series eine Plattform geben, um neben der dringend benötigten Matchpraxis auch zusätzliche Einnahmemöglichkeiten zu generieren. Neben der Vorrunde wird auf der Anlage am Isarhochufer auch ein Zwischenrunden- und das Finalturnier stattfinden. Da alle Matches dieser Serie im Live-Stream bei Tennis Channel Deutschland übertragen werden, ergibt sich für den Verein eine perfekte Möglichkeit zur Präsentation eigener Sponsoren und der vom DTB initiierten Spendenaktion #AdvantageWe zur Unterstützung Corona-betroffener Vereine und Turnierveranstalter.
Wie groß die Neugierde auf diese Auftakt-Veranstaltung war, zeigte auch die Präsenz der Amtsträger im deutschen Tennis. Neben DTB-Vizepräsidentin Dr. Eva-Maria Schneider machten sich auch BTV-Präsident Helmut Schmidbauer und BTV-Ehrenpräsident Dr. Georg von Waldenfels ein Bild von Organisation und Ablauf.
DTB-Teamchef Michael Kohlmann, der in wechselnder Begleitung seiner BTV-Trainerkollegen von der TennisBase Oberhaching das sportliche Geschehen verfolgte, unterstrich die Bedeutung der Turnierserie: „Neben der Einnahmemöglichkeit für die Spieler war es ganz wichtig, dass sie im Training ein konkretes Ziel vor Augen hatten, um sich jetzt wieder auf höherem Niveau im Wettkampf zu messen. Der Turniermodus mit Haupt- und Bonusrunde mit mindestens acht garantierten Matches ist ideal für jeden Spieler um ausreichend Matchpraxis zu sammeln“.
Bei der Einteilung der Gruppen spielten regionale Gesichtspunkte eine wichtige Rolle, um den Reiseaufwand für die Spieler möglichst gering zu halten. So kamen bei den beiden in Großhesselohe eingeteilten Vierergruppen insgesamt sieben im Raum München ansässige Spieler zum Zuge.
Masur überzeugt in Gruppenphase
In Gruppe 3 war der amtierende Deutsche Meister Daniel Masur eine Klasse für sich. Der gebürtige Bückeburger, der schon seit vielen Jahren seine Zelte im Münchner Raum aufgeschlagen hat und jetzt am Starnberger See residiert, konnte alle drei Matches ohne Satzverlust für sich entscheiden. Befragt nach den ersten Eindrücken antwortete der 25-jährige: „Es waren die ersten Matches nach einer längeren Pause, wo es darum ging, die einstudierten Dinge vom Training umzusetzen. Für mich persönlich habe ich meinen Rhythmus viel schneller gefunden als ich das selbst erwartet habe.” Die tennisfreie Zeit nutzte der Ex-Davis-Cupspieler für die Intensivierung seines Finanzmanagement-Studiums und zur Erstellung von Online-Coachings und Fitness-Workouts.
Nach zwei Niederlagen in den ersten beiden Matches schien ein Weiterkommen für Kevin Krawietz fast unmöglich zu sein. Mit einem deutlichen Zweisatz-Sieg im letzten Gruppenspiel sicherte sich der 28-jährige Coburger den zweiten Platz aufgrund des besseren Spielverhältnisses. Somit konnte der French-Open Doppelchamp, der sein letztes Einzel auf der Tour im August 2019 beim ATP-Turnier in Winston-Salem bestritten hatte, mit dem Erreichen der Zwischenrunde ein erfolgreiches Comeback als Einzelspieler geben. Nachdem der Schützling von Klaus Langenbach in der Corona-Pause weltweit die Gazetten mit seiner Tätigkeit beim Discounter Lidl gefüllt hatte, freut er sich auf neue Taten auf dem Tennis-Court: „Es tat sehr gut, endlich mal wieder ein Match zu spielen und in den Turniermodus zurückzukehren. Auf der einen Seite fühlt es sich ohne Zuschauer etwas nach einem Trainingsspiel an, andererseits bei einem Match mit Schiedsrichter geht man die Sache doch ernsthaft an.”
Gojowczyk mit Problemen
Etwas enttäuschend verlief das Turnier für Peter Gojowczyk. Der Bundesligaspieler des TC Großhesselohe wollte sich auf heimischem Geläuf von seiner besten Seite zeigen und sich als Gruppenkopf für die Zwischenrunde qualifizieren. Trotz seines Sieges gegen Krawietz muss der 30-jährige aufgrund des schlechteren Spielverhältnisses den Gang in die Bonusrunde antreten. Zu seiner Form äußerte sich der Dachauer, der während der Corona-Pause sein Talent als Edel-Koch im Instagram-Format seines Trainers Christopher Kas präsentierte, wie folgt: „Bei den schweren Bedingungen habe ich es etwas mit meinem aggressiven Spiel übertrieben. Für mein Spiel brauche ich einfach etwas Zeit um nach so einer langen Pause den Rhythmus wieder zu finden. Da ich seit 14 Jahren permanent auf der Tour unterwegs bin, konnte ich zu Beginn des Lockdowns die Zeit zuhause auch etwas genießen und mich mal mit anderen Dingen beschäftigen. Aber irgendwann fehlt einem dann doch der Wettkampf“.
Welte mit Ausrufezeichen
Next-Gen-Spieler Milan Welte setzte mit dem Sieg in seinem Auftaktmatch gegen Lokalmatador Gojowczyk ein großes Ausrufezeichen. Am Ende reichte es für den 18-jährigen, der als einziger Spieler während des Turniers im Hotel untergebracht war, trotz gleicher Zahl an gewonnenen Matches und Sätzen wie der Zweit- und Drittplatzierte aufgrund des Spielverhältnisses nur zum vierten Gruppen-Platz. In seiner letzten Saison bei den Junioren rutschte der Saarländer als letzter Spieler noch in die Qualifikation der US Open Junior Championships 2019 und sorgte mit seinem grandiosen Lauf ins Viertelfinale, in dem er sich erst nach drei Sätzen dem späteren Sieger beugen musste, für Furore. Als Mitglied des DTB-Kaders trainiert Welte größtenteils schon in der TennisBase Oberhaching.
Nach seinen ersten Turnieren auf der Pro-Tour der Herren sieht er folgende Unterschiede zur Junioren-Tour: „Im Verlaufe des Turniers habe ich Führungen mit Doppelbreak ausgelassen und konnte den Satz nicht ausservieren. Im Juniorenbereich wäre die Sache bestimmt durch gewesen, aber im Herrenbereich muss man bis zum letzten Punkt komplett da sein und die Konzentration permanent hochhalten“.
Favorit Hanfmann souverän
In der parallel ausgetragenen Gruppe 7 gab sich der Top-gesetzte Yannick Hanfmann keine Blöße und marschierte ohne Satzverlust durch die Gruppenphase. Der 28-jährige Karlsruher, der schon seit vielen Jahren an der TennisBase Oberhaching trainiert, nutzte während der Corona-Pause die erste sich bietende Gelegenheit mit Teilnahmen an der Exo-Tennis Turnierserie im Rheinland-pfälzischen Höhr-Grenzhausen.
„Die Teilnahme an der Exo-Tennis Serie hat mir vielleicht etwas geholfen, aber der Sandbelag in der Halle spielte sich schon ganz anders. Hier in München fühle ich mich heimisch und kenne die Bedingungen sehr gut. Das Training in Oberhaching mit den gleichen Bällen war eine ideale Vorbereitung“, so der ehemalige College-Spieler der University of Southern California.
Rehberg für Zwischenrunde qualifiziert
Die Konstellation führte zu einem echten Finale um den zweiten Gruppenplatz. Nach einem hart umkämpften Dreisatz-Sieg sicherte sich der dreifache deutsche Juniorenmeister Max Rehberg überraschend als Next-Gen Spieler den letzten Startplatz in der Zwischenrunde. Der 16-jährige trainiert als DTB-Kaderspieler ebenfalls an der TennisBase Oberhaching und konnte sich unmittelbar vor der Corona-Pause mit zwei Turniersiegen auf der ITF-Junior Tour nahe an die Top 100 spielen. Befragt nach seinen weiteren Perspektiven formulierte der DAIKIN-Jungprofi klare Ziele:
„Nach der Turnierpause möchte ich den nächsten Schritt in der Rangliste machen, damit ich die Grand Slam-Turniere bei den Junioren spielen kann. Ich weiß wie schwierig der Übergang von den Junioren zu den Herren wird. Ursprünglich hatte ich den Weg über ein US-College ins Auge gefasst, aber nachdem es so gut läuft möchte ich den direkten Weg auf die Herren-Tour schaffen“.
Mit der knappen Niederlage im letzten Match belegte der Münchner Tobias Simon den dritten Gruppenplatz. Der 29-jährige sorgte im Oktober 2018 beim ATP Challenger-Turnier in Ortisei mit 52 Assen für einen neuen Weltrekord in einem Match auf zwei Gewinnsätze. Seit Herbst letzten Jahres hat der Modellathlet seinen Trainingsschwerpunkt an die Tennis Academy Moraing nach Essen verlegt, wo er vom ehemaligen Bundesligaspieler Peter Moraing betreut wird. Vor der Corona-Unterbrechung konnte er sich erstmals unter die ersten 400 in der Weltrangliste spielen. Zur Frage, ob das Career-High-Ranking über die Corona-Pause hinweg Fluch oder Segen sei antwortete Simon: „Zum Zeitpunkt des Abbruchs wegen Corona war ich noch im Turnier in Südafrika und wer weiß, wie weit es noch für mich gegangen wäre. Es ist natürlich für alle Spieler schwer wegen der Pause, aber ich hätte aufgrund des Aufwärtstrends schon sehr gerne weitergespielt. Mittelfristig möchte ich mein Spiel dahingehend verbessern, dass ich an den Qualifikationsturnieren bei den Grand Slams teilnehmen kann“.
Bachinger noch nicht im Wettkampfmodus
Kein Sieg im Turnier vergönnt war dem Lokalmatador Matthias Bachinger, der seit Beginn des Jahres bei SportScheck unter den Fittichen von Alexander Satschko trainiert. Der Bundesligaspieler des TC Großhesselohe zeigte sich trotzdem glücklich, bei dem Turnier auf heimischem Terrain Spielpraxis sammeln zu können.
„Es war schön, wieder Wettkampf zu haben und das Adrenalin zu spüren. Es war nicht ganz einfach für mich, ohne Zuschauer die richtige Balance zwischen Lockerheit und Wettkampfmodus zu finden. Heute hatte ich das Gefühl, dass mir die Matches aus den ersten beiden Tagen geholfen haben und ich so langsam wieder in den Rhythmus komme“, so der 33-jährige zu seinem Abschneiden.
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Am letzten Turniertag fanden unter anderem die Platzierungsspiele für die Zwischenrunden-Teilnehmer statt. Im Spiel um Platz 3 konnte sich Max Rehberg in einem spannenden drei-Satz-Match gegen Kevin Krawietz durchsetzen. Im Finale wurde Yannick Hanfmann seiner Favoritenrolle erneut gerecht und sicherte sich den Turniersieg in zwei Sätzen gegen Daniel Masur.
„Ich bin sehr zufrieden. Heute war mit Sicherheit mein schwerstes Match im Finale. Ich hoffe, dass ich in zwei Wochen in der Zwischenrunde hier in Großhesselohe oder in Oberhaching spielen kann“, sagte der frischgebackene Sieger nach seinem Erfolg am Isarhochufer.